Ohrfeigen: der einzige Schlag, der das Innere berührt

Die Ohrfeige ist auch unter BDSMlern ein weit verbreitetes Tabu. Aber warum nur? Eigentlich ist das doch sehr seltsam, BDSMler spielen mit allen möglichen Dingen. Zum einen sind da die Schlagwerkzeuge, mit denen man zum Teil selbst Tiere nicht antreiben dürfte und mit denen früher gefoltert wurde.
Daneben werden Subs in Ketten gelegt, wie Schwerverbrecher zu früheren Zeiten und vor allem wird mit Stolz, Scham und zum Teil auch Ekel gespielt und selbst vor Atemreduktionsspielen wird nicht Halt gemacht. Wenn es also keine wirklichen Tabus mehr gibt, was spricht dann gegen dieses?

Ich selber hatte auch mit diesem Tabu zu kämpfen, aber es war mehr ein innerer Kampf. Meiner Erziehung ging dieses Verhalten einfach komplett fehl. Der „Schlag“ ins Gesicht ist aber eine von zwei Hemmschwellen, die bei mir in den letzten neun Jahren verschwunden sind und ich bin glücklich darüber!
Für mich war es von Anfang an kein Problem, eine Frau, die es will, zu schlagen. Jedoch einer Frau eine Ohrfeige zu geben, war, bedingt durch meine bereits erwähnte und recht konservative Erziehung und den damit verbundenen manifestierten Wertvorstellungen, ein Tabu.

Meine erste BDSM-Liebesbeziehung hatte dann auch gleich eine Schwäche für genau diese Spielart. Es ist eh schon schwerer, jemanden wirklich zu züchtigen, den man liebt und auch ein solcher Tabubruch wird nicht leichter, wenn man verliebt ist. Wie sollte ich nun ihr, eine Person in die ich zusätzlich noch verliebt war, eine Ohrfeige geben?
Meine ersten Versuche waren sehr zaghaft, aber weil ich merkte, wie sehr sie das erregte, traute ich mich binnen kurzer Zeit immer mehr. Inzwischen genieße ich diese Art des „Schlagens“ sehr.

Kein Schlag geht tiefer unter die Haut als dieser Schlag, auch wenn er von der physischen Einwirkung nur gering sein mag. Dieser Schlag ist ein Schlag direkt in die Persönlichkeit. Von daher zählt dieser Schlag für mich auch nicht zu dem Bereich SM, sondern eindeutig zu dem Bereich DS, da gerade nicht der Körper, sondern die Psyche damit direkt angesprochen wird. Keine andere Praktik bringt so deutlich die Positionsverteilung zum Vorschein und manifestiert damit die Rollenverteilung.

Ohrfeigen sind, wie auch Anspucken oder Urinieren, ein Schlag gegen die Ehre, also eine sehr weitgehende Form der Erniedrigung des anderen und daher benötigen nur wenige andere Praktiken ähnlich viel Vertrauen zum Partner. Eine Ohrfeige sollte nur erteilt werden, wenn sich vor allem Sub im Vorfeld mit dieser Spielart auseinandergesetzt hat. Zwar kann man selbst mit einer guten Vorbereitung nicht wissen, wie die erste Ohrfeige wirken wird, aber ohne Vorbereitung ist das Wagnis sehr viel größer.

Die Ohrfeige ist ein Spiel für miteinander vertraute Personen, bei der Sub zudem eine nicht nur leichte devote Ader haben sollte. Eben weil sie so direkt ins Innere der Sub vordringt, kann mit dieser Aktion binnen Sekunden eine Spielsituation geschaffen werden, ohne Ankündigung, ohne Spielzeug, denn die Ohrfeige ist Ankündigung und Startschuss zugleich.

Nur eines noch: Seid etwas vorsichtig, die Ohrfeige heißt nicht Ohrfeige, weil ihr das Ohr treffen sollt. Dies kann zu einem Platzen des Trommelfells führen. Auch die Augen dürfen dabei nicht getroffen werden und wenn Dom heftiger schlägt, sollte die andere Hand bereits am Kopf liegen und beim Schlag einen Gegendruck erzeugen, damit der Kopf nicht zu heftig von links nach rechts „fliegt“.
Ebenfalls können Ohrfeigen und Streicheleinheiten abgewechselt werden. Beides berührt Sub und führt zu einem Wechselspiel von den Gefühlen Erniedrigung und Zärtlichkeit. Wenn Sub psychisch stabil ist und ihrem Dom vertraut, dann kann ich beiden Partnern diese Spielart nur wärmstens ans Herzen legen. In diesem Fall viel Spaß beim „Tabubruch“!

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