"Macht bedeutet jede Chance, innerhalb einer sozialen Beziehung den eigenen Willen auch gegen Widerstreben durchzusetzen, gleichviel worauf diese Chance beruht." Max Weber
"Macht bedeutet jede Chance, innerhalb einer sozialen Beziehung den eigenen Willen auch gegen Widerstreben durchzusetzen, gleichviel worauf diese Chance
beruht." Max Weber
Erneut ist mir der Gedanke von Macht in den Sinn gekommen und ich frage mich, was ist denn Macht? Was bedeutet Macht für jemanden oder was ist wirkliche
Macht? Im BDSM redet man gern vom Machtgefälle. Könnte es auch Machtgefallen heißen? Doch wer hat die Macht? Alles ist von Willen geprägt und Willen
zulassen. Den freien Willen abgeben und den Willen anderer über sich kommen zu lassen. Doch ist es wirklich so?
Am Anfang, als ich mich mit dem Thema BDSM auseinandersetzte, waren diese Gedanken sehr stark gewesen und irgendwann habe ich aufgehört, zu fragen. Ich
wollte einfach nicht mehr Fragen, sondern erleben. Nun da ich einiges gesehen, erfahren und gelernt habe, bin ich wieder an einem neuen Punkt angekommen.
Der Bewusstwerdung von Macht und was sie ist.
Sehen wir uns doch einmal das Zitat am Anfang meines Textes etwas näher an. Macht bedeutet eine Chance. Eine Chance ist immer eine Möglichkeit, etwas zu
erhalten oder etwas zu machen. Ein Glücksspiel würde ich meinen. Ist Macht somit ein Glücksspiel? Doch weiter. Innerhalb einer sozialen Beziehung den
eigenen Willen, auch gegen das Widerstreben des anderen durchzusetzen. Also ein Spiel zu betreiben, seinen Willen gegenüber jemand anderem durchzusetzen,
auch wenn es bedeutet, dass der andere eigene Spielregeln kennt oder hat. Um den Kreis wieder perfekt zu machen und es dann egal ist, wie hoch die
Wahrscheinlichkeit (hier Chance) sein wird? Wenn ich das so lese muss ich sagen, dass ich dabei immer ein wenig an Verlieren denke. Denn es besteht nun mal
fast eine Garantie, dass ich dabei verliere. Doch was verliere ich dabei? Mich selbst? Meine eigenen Vorstellungen? Oder muss ich sogar meine Regeln
anpassen, im schlimmsten Fall vielleicht abändern oder gänzlich vergessen? Ist das dann Macht? Ich verliere mich selbst, um dann die Herrschaft über jemand
anderen zu erhalten? Will ich dann Macht haben oder bin ich ein Glücksspieler, der die Chance als solche sieht, um zu gewinnen? Als Antwort auf letztere
Frage sage ich, Ja! Ja ich will mich versuchen und ja ich will gewinnen, um mich nicht selbst dabei zu verlieren sondern, um mich zu erweitern.
Doch wie erlange ich Macht? Jeden Tag habe ich dies immer unter Beweis zu stellen, dass ich dafür da bin, Macht auszuüben. Jeder von uns hat doch auch die
Macht. Die Macht zu sagen, ich stehe auf, gehe arbeiten usw. Damit fängt schon die erste Stufe an, die Macht über sich selbst. Ich bin mein eigener Herr,
hieß es doch so wunderbar. Ich entscheide über mich selbst und kann somit vieles erreichen. Doch auch ich lasse vieles bestimmen und setze einfach nur um,
was mir gesagt wird. Somit wird hier ein Ausgleich geschaffen, der wunderbar zum dem Gleichgewichtsprinzip der Natur passt.
Die zweite Stufe der Macht ist, wenn ich über jemand anderen bestimme, bei dem was er zu tun hat, so wie ich es will. Dies kann im Berufsleben ganz einfach
passieren und dabei ist das Gleichgewicht nicht gestört, denn einer sagt was gemacht wird und der andere führt es durch. Sonst würde ja alles zum Stehen
kommen. Doch interessanter wird diese Stufe der Macht dann, wenn dies im privaten auch passiert. Wenn ein Verlangen in den Raum gestellt wird, lass mich
das durchführen, was du sagst. Sei der Befehlsgeber über meine Zeit und der Aufgaben, die uns beide glücklich machen.
Doch hier beginnt eigentlich der Begriff Macht, seine Bedeutung zu verlieren. Warum, wird jetzt die Frage sein, die es euch drängt, zu stellen. Fangen wir
damit an, uns das Konstrukt zu vergegenwärtigen. z.B. :Ich stehe über dir, ich verlange von dir, eine Aufgabe zu erledigen und du sollst diese machen, ohne
zu Fragen oder zu Murren. Was bedeutet das dann? Ich muss wissen, was du bereit bist zu tun, oder was du noch bereit bist zu tun, ohne dass du sagst,
Abbruch. Schon ist man in der Lage, dass man sein Gegenüber gut kennen muss und die Grenzen, die immer vorhanden sind, zu sehen und zu bewahren oder was
sehr wichtig ist, zu akzeptieren. Doch bereits jetzt ist hierbei der Grundgedanke der Macht etwas verzerrt. Ich führe das Zepter, aber muss mich dem
unterordnen, von dem mir gesagt wurde, dass es mein Gegenüber nicht will. Habe ich dann Macht? Im ersten Anschein schon, denn ich kann ja etwas sagen und
es wird durchgeführt. Doch was ich sage, ist aus der Natur des anderen, hier Untergebenen, entstanden und somit setze ich nicht meine Belange um. Um es mit
den Worten einmal zu sagen, die ich erst vor kurzem hörte, man wird zu einem „Erfüllungsgehilfen“ gemacht. Wenn das Macht ist, dann habe ich etwas falsch
verstanden. Wenn ich mich fügen muss, um die Macht dann auch zu bekommen, die es mir erlaubt, die Dinge durchzuführen, die ein anderer will. Dann läuft
etwas im System grundsätzlich verkehrt.
Kommen wir zu der Frage der „wahren“ Macht. Im BDSM ist es also so: Wenn jemand die Macht haben will, soll er sich den Wünschen und Forderungen seiner
Untergebenen unterwerfen. Oh, welche Macht mir da gegeben ist, ich kann mich so glücklich schätzen, diese zu erfüllen. Der Sklave des Sklaven oder der Sub
zu sein. Ich glaube, dann ist das alles eine große Lüge und wer sagt, dass er / sie es so will, der betrügt sich dabei selbst. Weiterhin passiert es auch,
das gern Telepathie erwünscht ist oder ein Verständniskünstler, denn vieles soll der Herr / Herrin wissen, erahnen oder sogar erfühlen. Das was sein / e
Sub / Sklave will oder bestimmt, so haben zu wollen. Dann ist doch der sich mir massiv aufdrängende Gedanke, Machtgefälle ja, aber die Macht oder wie auch
immer man es nennen möge, hat der Kniende, also Machtgefälle invers. Die wahre Macht hat also der, der unten steht. Wobei mir da der schöne Satz einfällt.
„Nicht das Volk soll seine Mächtigen fürchten, sondern die Mächtigen das Volk.“ Damit ist am Ende doch klar, wo, wer und wie die „wahre“ Macht zu
definieren ist und wer sie hat. Wer am Ende das Spielzeug ist und wer den maßgebenden Ton angibt. Wenn das so ist, dann sage ich nur, dass es alles
erstunken und erlogen und auch nur gespielt ist. Alles wird hinfällig und jeder der beiden Parteien hat sich eine Welt aufgebaut, die mit der eigentlichen
Sache nichts mehr zu tun hat.
Die Macht wird ad absurdum geführt, der Spaß wird zur Farce und man kann sich weiter getrost zurücklehnen und den Träumen hinterher haschen. Nie wird
jemand wirklich das Glück finden, nachdem er sich sehnt, und Frust und Lustlosigkeit bleiben zurück.
Macht haben heißt nicht, Macht zu haben, sondern zugebilligt zu bekommen.Vielen Dank!