BDSM - mein Weg zur Weiblichkeit

Wenn ich mich heute so ansehe und mit Fotos von früher vergleiche, bin ich jedes Mal ziemlich verwundert über die Verwandlung, die ich äußerlich durchgemacht habe. Was mir vom Foto entgegenschaut, ist ein burschikoses Mädel mit kurzen Haaren und chronisch in Jeans und Turnschuhen unterwegs. Was ich im Spiegel sehe ist... eine Frau. Und ich spüre, dass diese Veränderung auch etwas damit zu tun hat, dass ich meine Sexualität nun so lebe, wie sie mir entspricht.

Ich bin, was das weibliche Rollenbild betrifft, eher „gespalten“ aufgewachsen. Meine Mutter ist eine enorm emanzipierte Frau, die mir immer eingetrichtert hat, mich niemals von einem Mann abhängig zu machen, weder finanziell noch emotional. Meine frühere Religion hat mir gepredigt, dass der Mann das Oberhaupt der Familie ist und ich als Frau ihm untertan sein soll.
Diese Zerrissenheit zog sich also auch durch meine Beziehungen – nach außen hin gab ich mich sehr kämpferisch und emanzipiert; als Resultat liefen mir scharenweise Nice Guys und devote Männer zu, die ich aber allesamt nicht wollte... denn innerlich hatte ich durchaus Gefallen am konservativen Rollenbild der Frau gefunden und träumte davon, jemanden zu finden, der genauso dachte. Das war allerdings anfangs gar nicht so einfach, denn wenn dann wirklich mal jemand Anspruch auf die Führung erhob, gab es sofort Ärger.
Ich war zu der Zeit sehr darauf angewiesen, körperlich unterworfen zu werden, weil ich partout nicht zu meinen Bedürfnissen stehen konnte. Aber welcher Mann erkennt so etwas schon ohne Worte? Wenn es dann irgendwann gar nicht mehr ging, lief ich davon – ich konnte einfach nicht über meinen Schatten springen, auch wenn ich es mir insgeheim so sehr wünschte. Die Angst vor dem Schwachsein und den damit verbundenen Gefühlen war einfach zu groß.

Es brauchte erst einige Jahre Beziehung mit einem devoten Mann und eine betrogene Nacht mit einem Schlitzohr bis ich einsah, dass es so einfach nicht ging. Also trennte ich mich, ließ meine Haare wachsen und beschloss, mich erst mal auf mich selbst zu konzentrieren, bevor ich mir wieder eine Beziehung anlachte, die mich nicht glücklich machen kann.
Eine Woche später lernte ich meinen jetzigen Mann kennen. Zusammen mit ihm konnte ich meine Neigung endlich ausleben und je mehr ich mich aktiv, als auch durch Lesen mit „meinem“ BDSM befasse, desto mehr lerne ich, auch meine Weiblichkeit und mein Schwachsein zu akzeptieren.

Früher waren Frauen, die nach ihrem Mann schrien, wenn was nicht klappte, für mich regelrecht verachtungswürdig. Ich wollte nicht abhängig, nicht angewiesen sein – zumindest dachte ich das. Ich fand es auch affig, wie manche Mädels sich zurechtmachten und alles, was glitzerte, wurde direkt als „Tussi“ abgestempelt.
Heute ist das anders. Glitzer geht für mich immer noch gar nicht, ich bin mehr der klassische Typ;-) Aber heute habe ich auch den Wunsch, meinem Mann und Herrn zu gefallen und tue mehr für mein Aussehen.
Was für mich allerdings viel wichtiger ist: ich weiß jetzt, ich DARF mich fallen lassen und muss nicht jede Situation unter Kontrolle haben. Ich muss auch niemandem mehr etwas beweisen; ich bin eine Frau und darf mich genauso verhalten. Das heißt nicht, dass ich mich im Alltag in jeder Hinsicht unterordne, dafür bin ich zu eigensinnig. Aber als Sklavin kann ich mit diesem neuen Ansatz von Selbstakzeptanz arbeiten und die damit verbundene Zufriedenheit beeinflusst auch meinen Alltag positiv.
Und so sehr ich meine devote Ader oft genug als Fluch ansehe – in dieser Hinsicht gibt sie mir viel, denn sie wird mich nicht in Ruhe lassen, bis ich vollständig akzeptieren kann, wer und was ich bin – wie lange dieser Prozess auch noch dauern mag.


Kommentare:


Noch keine Kommentare.

Einen Kommentar schreiben:

Bitte alle Felder ausfüllen!

Die e-mailadresse wird nicht veröffentlicht!
Dein Kommentar wird erst sichtbar nachdem er von einem Moderator freigeschalten wurde!
    Blue
    Dies ist die Kurzbeschreibung für Blues Blog. Hier kann etwas über den Blog, über Blue oder sonst irgendwas stehen, Hauptsache es macht Lust aufs lesen
Die neusten Artikel
     
  •   Gedanken...
    Wenn ich so an die letzten Monate zurückdenke, fühle ich mich ... [mehr]
  •   Vertrauen
    Ich frage mich in letzter Zeit doch öfters, was man mir im Krankenhaus ... [mehr]
  •   Abgründe
    Ich habe jetzt wirklich sehr lange nicht mehr über das Thema BDSM ... [mehr]
  •   Die Sache mit den Liebeskugeln
    Mein Partner kam irgendwann mal auf die Idee, mich mit Liebeskugeln ... [mehr]
  •   Überraschendes Outing
    Vor kurzem war ich mit meinem Schatz und meiner kleinen Schwester (na ... [mehr]
Neue Kommentare